Religion & Literatur – Dichtung, die mit Gott ringt

Religionskritik in der Lyrik? Als Seismographen ihrer Zeit stellen auch Lyrikerinnen und Lyriker die Gottesfrage: Gibt es Gott überhaupt? Kann es Gott so geben, wie man ihn traditionell denkt? Religionskritik ist seit dem 18. Jahrhundert, der Zeit der Aufklärung, immer mehr zum Mainstream geworden; in der Lyrik manifestiert sich diese Kritik weniger in harschem Atheismus, sondern sucht ihren Ausdruck in vielfältigen Formen, die feinfühlig inneren Stimmen folgen.

An vier Abenden wurden Stationen einer solchen Gottesentfremdung anhand exemplarischer Gedichte beleuchtet. Das Spektrum reichte von der Befreiung von vermeintlich überholten Gottesvorstellungen und der Verdrängung der Religion durch die Kunst bis zur radikalen Gottesanfrage durch die Schoa. Stellvertretend für diese Positionen stehen Goethe, Rilke, Benn und Paul Celan. Die Lyrikerinnen Nelly Sachs, Rose Ausländer und Hilde Domin wagen hingegen ihr trotziges «Dennoch».

DI 25.4.2023 – Rilke und/oder Benn
Rainer Maria Rilkes «Duineser Elegien» kreisen um den Einbruch des Göttlichen in unsere Welt, während der Dermatologe Gottfried Benn in «Morgue» (französisch für «Leichenhalle») das Leiden der Menschen diagnostiziert. Der  hymnischen Sprache des Prager Dichters Rilke steht das kühle Protokoll des ehemaligen Militärarztes Benn entgegen. Wo gehen unsere Sympathien hin? Sind wir «Realisten» oder «Mystiker», materialistisch oder spirituell?

 

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