Religion & Literatur – Dichtung, die mit Gott ringt

Religionskritik in der Lyrik? Als Seismographen ihrer Zeit stellen auch Lyrikerinnen und Lyriker die Gottesfrage: Gibt es Gott überhaupt? Kann es Gott so geben, wie man ihn traditionell denkt? Religionskritik ist seit dem 18. Jahrhundert, der Zeit der Aufklärung, immer mehr zum Mainstream geworden; in der Lyrik manifestiert sich diese Kritik weniger in harschem Atheismus, sondern sucht ihren Ausdruck in vielfältigen Formen, die feinfühlig inneren Stimmen folgen.

An vier Abenden wurden Stationen einer solchen Gottesentfremdung anhand exemplarischer Gedichte beleuchtet. Das Spektrum reichte von der Befreiung von vermeintlich überholten Gottesvorstellungen und der Verdrängung der Religion durch die Kunst bis zur radikalen Gottesanfrage durch die Schoa. Stellvertretend für diese Positionen stehen Goethe, Rilke, Benn und Paul Celan. Die Lyrikerinnen Nelly Sachs, Rose Ausländer und Hilde Domin wagen hingegen ihr trotziges «Dennoch».

DI 18.4.2023 – Goethes «Prometheus»
«Ich kenne nichts Ärmeres unter der Sonne als euch, Götter!» So spottet Prometheus über Zeus. Prometheus steht – wie Faust – für den selbstbewussten, aufgeklärten Menschen, der auf die Götter pfeift. Während Goethes Hymne «Prometheus», eigentlich eine Antihymne, Gott in Frage stellt, dokumentieren die Gedichte «Ganymed» und «Das Göttliche» sowie weitere Texte den Abschied Goethes von einem transzendenten Gott.

 

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